Umzug an die serbisch-kroatische Grenze

In Subotica kam es vor einigen Tagen zu einem einschneidenden Erlebnis.

Die serbische Polizei führte vor Ort eine groß angelegte Räumung der inoffiziellen Unterkünfte durch, welche zur Folge hatte, dass inzwischen fast alle flüchtenden Menschen Subotica verlassen haben.

Zwei Zivilpolizisten, die regelmäßig an dem Ort vorbeikamen, an dem wir Wasser ausgegeben haben, fragten uns bereits in den vorhergehenden Tagen, wie viele Menschen gerade hier leben würden. Am Mittwoch, den 12. April, kam vormittags die Polizei mit einem Gefängnistransporter. Die Polizisten sprachen die Warnung aus, dass alle, die bis um 18 Uhr am Abend noch dort sind, festgenommen werden. Eine Festnahme bedeutet in der Regel, dass die Flüchtenden in ein geschlossenes Lager nach Preševo, an der serbisch-mazedonischen Grenze gebracht werden. Die Angst vor diesem Lager ist groß, denn Flüchtende dürfen es nicht nach freiem Willen verlassen und Menschen-rechtsorganisationen berichteten bereits von illegalen Abschiebungen aus Preševo nach Mazedonien[1].

Die meisten Menschen, die sich in Subotica im Jungle (Zeltsiedlung im Wald) aufhielten, machten sich noch in derselben Nacht auf den Weg, sowohl in die serbischen Städte Belgrad und Šid wie auch in das Nachbarland Rumänien. Von den etwa 20 Verbliebenen in Subotica wurden am nächsten Tag fünf Menschen festgenommen. Mittlerweile sind alle Menschen, die sich im Jungle und in der leerstehenden Ziegelfabrik aufgehalten haben, an anderen Orten.

Aus diesem Grund haben wir in den vergangenen Tagen viel darüber diskutiert, wie und vor allem wo wir unsere Arbeit in Zukunft fortsetzen wollen. Um weitere Informationen zu sammeln, war unsere Gruppe in der vergangenen Woche in Šid, an der serbisch-kroatischen Grenze.

Wir halten es für unwahrscheinlich, bald wieder viele flüchtende Menschen in Subotica anzutreffen. Die Grenze nach Ungarn scheint unpassierbar und die Polizei verhindert durch ihr striktes Auftreten, dass Flüchtende sich längere Zeit am Stück in der Gegend um Subotica aufhalten können.

Insofern haben auch wir uns dazu entschieden, an die serbisch-kroatische Grenze umzuziehen und unsere Arbeit dort fortzusetzen. Auch andere Organisationen, die in Subotica gearbeitet haben, planen, ihre Arbeit in Šid fortzusetzen.

In und um Šid gibt es drei offene Lager, zu denen jedoch nicht alle flüchtenden Menschen Zugang haben. Besonders für Menschen aus Algerien und Marokko ist es schwierig bis unmöglich, einen Platz im Lager zu bekommen. In allen drei Lagern zusammen wohnen ungefähr 1500 Menschen. Die Anzahl der Personen außerhalb der Lager ist schwer einzuschätzen, da die Menschen anders als in Subotica keine festen Schlaf- und Aufenthaltsplätze haben. Durch die häufigen Räumungen durch die Polizei sind sie ständig in Bewegung. Wir gehen von ungefähr 150-300 Menschen außerhalb der Lager in Šid und der näheren Umgebung aus.

Auf den ersten Blick scheint die Trinkwasserversorgung in Šid kein Problem zu sein. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Situation bei steigenden Temperaturen verändern wird. Ganz anders sieht es beim Thema Duschen aus. Duschmöglichkeiten gibt es in sehr begrenzter Zahl und auch nur im Lager, zu dem allerdings nicht alle Menschen Zugang haben. Viele der Menschen haben dementsprechend länger nicht mehr geduscht. Wir sehen es als unsere Aufgabe, eine Lösung dafür zu finden. Auch hier werden wir ein bisschen versteckt arbeiten, um möglichst wenig Aufmerksamkeit auf unsere Arbeit und die Flüchtenden zu lenken.

Wir sind in Šid gut mit anderen Freiwilligenorganisationen vernetzt und hoffen, schon diese Woche mit unserem Duschangebot starten zu können!

Verfasst von Lotte, Hannah, Martin

[1] http://www.middleeasteye.net/news/serbia-accused-mass-illegal-deportations-refugees-1622114455

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